Das Team Professional Campus sprach mit Sabine Heib, Verantwortliche für strategische Personal- und Organisationsentwicklung bei der PIKON Deutschland AG – und ehemalige Teilnehmerin unseres Lehrgangs Train the Trainer für Mindful Leadership am Professional Campus der UW/H.
Frau Heib, Sie sind Verantwortliche für Strategische Personal- und Organisationsentwicklung bei einer international tätigen Unternehmensberatung mit Expertise im SAP-Bereich. SAP & mindful leadership: darauf würde man auf Anhieb nicht wirklich kommen! Wie passen diese Bereiche zusammen? Wie kamen Sie zu mindful leadership?
SH – IT bzw. Digitalisierung und Mindfulness passen sehr gut zusammen! Ich beobachte seit Jahren, wie sehr meine KollegInnen gefesselt sind von ihren Smartphones. Wir alle sind sehr getrieben durch die Fülle an Aufgaben und Informationen, die tagtäglich auf uns einprasseln. Bei dieser Menge muss ich entscheiden, welchen Aufgaben ich mich wann widmen will und was ich weglassen kann. Ich muss entscheiden, wohin ich meine Aufmerksamkeit lenken will. Oft ist es wichtig, schnell auf Fragen von Kunden und Mitarbeitenden zu reagieren. Wenn meine Aufmerksamkeit allerdings ausschließlich von außen „gezogen“ wird, ich immer nur schnell reagiere, werde ich eventuell nicht die besten Entscheidungen treffen. Bin ich zu sehr getrieben von meinen Aufgaben, kann die Konzentration leiden und ich neige zu automatisierten Reaktionen, die der Situation und den Menschen, mit denen ich gerade spreche, nicht gerecht werden. Gerade bei der Arbeit von Führungskräften, kann das negative Auswirkungen haben. Ich wollte eine Gegeninitiative starten und stolperte bei meinen Recherchen über das Thema Mindful Leadership. Schon sehr lange hatte ich mich damit beschäftigt, wie gute Führung im Unternehmen gelingen kann, mir fehlte allerdings der entscheidende Umsetzungsimpuls. Und mit Mindful Leadership fand ich meinen Ansatz, um Führung aufs nächste Level zu heben.
Als Absolventin des Lehrgangs Train the Trainer für Mindful Leadership sind Sie Expertin in diesem Bereich. Wie wirkt sich das erworbene Know-How in ihrem Berufsalltag aus?
SH – Das Thema Mindfulness begleitet mich mittlerweile täglich. Beruflich und auch privat – ich starte morgens mit einer Stunde Meditation in den Tag. Im Unternehmen habe ich das große Glück, dass auch mein Chef von diesem Thema gefesselt ist. Ich habe also einen großen Unterstützer und das hilft mir natürlich sehr, Mindfulness ins Unternehmen zu tragen. Wir haben ein großes Trainingsprogramm „Strategie – Transformation – Führung – Mindfulness“ gestartet und trafen uns innerhalb eines Jahres acht Mal jeweils für zwei Tage mit der kompletten Führungsmannschaft. Bei jedem Termin ging es um persönliche Entwicklung und um die Weiterentwicklung der Organisation. Themen waren z.B. auf der persönlichen Ebene die inneren Antreiber, das eigene Konfliktverhalten und der bevorzugte Führungsstil. Auf der organisationalen Ebene ging es unter anderem um Kulturtransformation, Vision und Strategie und um entwicklungsorientierte und strategische Führung. Vor allem ging es darum, genauer hinzuschauen, unsere Muster zu erkennen und damit unsere Organisation besser zu verstehen, als Grundlage dafür, die Kultur zu gestalten. In jedem Training haben wir mit Mindfulness-Übungen gearbeitet: mit Mindful Movements und mit Meditation. Und da Meditation mittlerweile wissenschaftlich so umfangreich untersucht ist und die Vorteile klar erkennbar sind, konnten wir auch die Skeptiker unter den Führungskräften von der Wirksamkeit überzeugen. Das heißt nicht, dass jetzt alle meditieren – d.h., dass die Bewusstheit für die Wichtigkeit von Mindfulness bei allen TeilnehmerInnen gestiegen ist.
Welche Anwendungsbereiche finden Sie auf strategischer und Organisationsentwicklungsebene? Kann man Mindful Leadership verwenden, um einen strategischen Blick auf Organisationen zu schulen/weiterentwickeln?
SH – Wir analysieren unsere Unternehmenskultur mit Hilfe der Organisationsdiagnose, untersuchen auf jedem Subsystem die einzelnen Elemente und die Vernetzungen untereinander. Dadurch entdecken wir Muster, die förderlich sind und Muster, die für eine Entwicklung hinderlich sind. Danach entwickeln wir unsere Weg-von‘s und Hin-zu’s: was stärkt uns, wovon wollen wir mehr bzw. was schwächt uns, wovon wollen wir weg und wo wollen wir stattdessen hin? Eins der Ziele ist, dass Lernen in der ganzen Organisation stattfindet.
Darüber hinaus: Wie kann man mindful Leadership für Personalentwicklung verwenden?
SH – Die Mindful Leadership Trainings unterstützen dabei, sich selbst besser kennen und verstehen zu lernen, die eigenen Muster zu erkennen und ihnen nicht mehr unbewusst zu folgen. Die Bewusstheit für das eigene Handeln wird erhöht. Mindfulness ist für uns auch zum Recruiting-Thema geworden, immer mehr BewerberInnen interessieren sich dafür. Viele, gerade junge Leute, haben bereits Erfahrungen mit Achtsamkeit und/oder Meditation gemacht. Wenn wir im Gespräch über Mindfulness reden, ändert sich die Gesprächsatmosphäre und es kann ein sehr persönliches Kennenlernen stattfinden.
Sie haben sich ja zwei Jahre lang intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt (und zwar praktisch wie auch reflexiv), bevor Sie Ihr Zertifikat der Universität Witten/Herdecke in Kooperation mit Concadora erwerben durften. Hat sich diese Investition aus Ihrer Sicht gelohnt? Wem würden Sie den Lehrgang empfehlen?
SH – Für mich hat sich die Investition auf jeden Fall gelohnt. Meine Art und Weise Dinge wahrzunehmen und zu durchdenken, die Organisation als Ganzes zu sehen und zu verstehen, haben sich durch Mindfulness stark verändert. Auch für meine persönliche Entwicklung habe ich sehr von dieser Ausbildung profitiert. Durch die intensive Beschäftigung mit all den Themen, die mich seit 2,5 Jahre begleiten, habe ich mich selbst besser kennengelernt. Mindfulness ist aus meinem Leben nicht mehr wegzudenken.
Ich empfehle den Lehrgang UnternehmerInnen, Führungskräften, OrganisationsentwicklerInnen und allen, die in Unternehmen zu einer achtsamen Kultur beitragen und Veränderungen erfolgreich (mit)gestalten wollen.