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Zukunftsmusik: Unsere Gesprächsreihe mit Zukunftsgestalter:innen.
Professional Campus im Gespräch mit Jun.-Prof. Dr. Anne Heider, Co-Direktorin des Wittener Institus für Familienunternehmen und Jessica Hirsch, Partnerin bei SMP

"Es ist von großer Bedeutung, dass die Familie gemeinsam an einem Strang zieht und dabei gleichberechtigt agiert."

Next Gens in Familienunternehmen – am Professional Campus der UW/H startet am 03. April 2025 der Kompaktlehrgang „Unternehmenspraxis für NextGens“. Der Lehrgang ist eine Kooperation zwischen dem Wittener Institut für Familienunternehmen (WIFU) und der renommierten Unternehmensberatung Struktur Management Partner (SMP).

Wir sprachen mit Anne Heider, Co-Direktorin des WIFU und Programmleitung des Lehrgangs und Jessica Hirsch, Partnerin bei SMP, über die besonderen Herausforderungen der Next Gens in Familienunternehmen.

 

Wir leben in besonderen Zeiten. Gerade die nächste Generation steht vor besonderen Herausforderungen. Während einige mit Existenzängsten konfrontiert sind, haben Unternehmens-Nachfolger:innen eine besonders privilegierte Position und viel Handlungsspielraum, wenn es darum geht, den „Next Age“ (Horx/Zukunftsinstitut) mitzugestalten. Gleichzeitig stehen gerade sie unter besonders hohem Druck – und im Visier der älteren Generationen, der Zivilgesellschaft und der Medien, falls sie den Ansprüchen nicht gerecht werden – sei es im Umgang mit Reichtum und Naturressourcen oder im Hinblick auf die eigene Vorbildfunktion beim Erhalt der Demokratie. Höchste Zeit also für ein zugeschnittenes Angebot für die „Next Gen“?

Anne Heider: Angehende Führungskräfte – sei es in Unternehmen oder in Gesellschafter:innen-Funktion – stehen vor besonderen Herausforderungen. Aber auch sie stellen gewisse Ansprüche. Beispielsweise steht für die jetzige Generation das Thema Nachhaltigkeit ganz weit vorne, noch vor der Rendite. Da gibt es einfach andere, noch zu erfindende Spielregeln. Das betrifft beispielsweise die Neudefinition der Geschäftsmodelle oder der Lieferketten. Aber auch im Privaten hat sich die Gewichtung weg von reiner Wirtschaftlichkeit hin zu gesellschaftlicher und planetarer Verantwortung bewegt – von privatem Familienleben und Lebensqualität ganz zu schweigen. Gerade dieser Bereich hat in Familienunternehmen schon immer einen hohen Stellenwert gehabt, aber früher galt noch die Regelung: Geschäfte gehen vor und die Familie, beispielsweise der angeheiratete Partner, bleiben aus. Besonders spürbar ist es, wenn es um die Nachfolge geht: Was früher eine große Ehre war, lehnen viele Next Gens ab – zu viel Workload, zu viel Verantwortung, zu wenig Freizeit und Lebensqualität. Und das ist eine große Neuerung gegenüber der vorherigen Generation. Folglich kommen viele Familienunternehmen nicht umhin, sich neu zu erfinden.

Jessica Hirsch: Next Gen sind, wie beschrieben, mit verschiedensten Herausforderungen konfrontiert. Um damit umgehen zu können, haben uns viele Next Gen gespiegelt, dass es ihnen hilft, wenn sie für grundsätzliche Fragen aus der Unternehmenspraxis gut gerüstet sind. Sie empfinden es z.B. als sehr hilfreich, wenn sie die ihnen vorgelegten komplexen Unternehmenszahlen verstehen und interpretieren können. Das lernen sie aber nicht unbedingt in der Schule oder an der Uni, sondern von Menschen, die aus der Praxis kommen und dieses Wissen mitbringen. Außerdem haben viele Next Gen nicht viel Zeit, die sie neben den vielen anderen Themen auch noch dafür einsetzen könnten. Deshalb macht ein Angebot, zugeschnitten auf die spezifischen Bedürfnisse dieser Gruppe, absolut Sinn.

 

Ist die Weiterbildung „Unternehmerpraxis für NextGens“ (Kurz: UPN) ein wichtiger Beitrag auf dem Weg zum „Next Age“?

Anne Heider: Es geht in der Tat um Zukunftsfähigkeit – nicht nur für Organisationen, sondern darüber hinaus für unsere Gesellschaft. Konkret lernen Next Gens, wie man wertorientierte Geschäftsmodelle entwickelt, den gesamten Produktions- und Lieferprozess überdenkt und wie man planetare Verantwortung übernimmt. – Solche Veränderungsprozesse anzustoßen, erfordert nicht nur Geschick und Beharrlichkeit, sondern auch darüberhinausgehende Qualifikationen.

Jessica Hirsch: Das ist natürlich ein wichtiger Punkt. Im Programm geht es darum, Bewusstsein und Anknüpfungspunkte zu den Themen Wertorientierung und nachhaltiges Wirtschaften zu schaffen. Das ist aber nur ein Aspekt, wichtigstes Thema ist, Praxiswissen kurz und kompakt weiterzugeben und die Teilnehmer:innen zu befähigen, die spezifischen Anforderungen eines Unternehmens identifizieren und bearbeiten zu können.

Erzählen Sie mehr über die Entstehung des Lehrangebots: Wie kam es zu „Unternehmerpraxis für Next Gens“ – wieso „reicht“ GKE nicht aus?

Anne Heider: In Kooperation zwischen dem Professional Campus der Uni Witten/Herdecke und dem WIFU bieten wir seit mehreren Jahren ein erfolgreiches Programm zum Aufbau von Gesellschafter:innen-Kompetenzen an. Wir sind nicht nur im regen Austausch mit Unternehmer:innen, sondern auch mit Unternehmensnachfolger:innen. Mit ihnen haben wir darüber hinaus regelmäßige Veranstaltungen und Stammtische. So wurden die Wünsche dieser Generation an uns herangetragen. Beispielsweise gibt es nun Familienangehörige, die sich eher auf ihre Eigentümerfunktion beschränken. Unser Kompaktprogramm UNTERNEHMENSPRAXIS FÜR NEXTGENS wurde speziell für Unternehmensnachfolger:innen, andere Mitglieder von Unternehmer:innenfamilien und Young Professionals in Familienunternehmen sowie deren Partner:innen entwickelt.

Jessica Hirsch: In vielen Gesprächen und Begegnungen mit Next Gen haben wir mit spannenden Persönlichkeiten zu tun. Kommen wir dann zur BWL, scheinen viele zunächst überfordert. Wenn wir dann im 1:1 durch die Unterlagen führen, schauen wir nach kurzer Zeit in erfreute Gesichter. BWL wird dann greifbar. Das Programm unterstützt die junge Generation dabei, mehr Souveränität im Umgang mit betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen und unternehmerischem Denken und Handeln zu bekommen. Mit Tipps, Empfehlungen und Perspektiven aus der Praxis erschließt sich Vieles sehr schnell.

 

Warum ist es auch wichtig, dass die erweiterte Unternehmerfamilie mitbedacht wird? Schließt dies möglicherweise auch den Nachwuchs mit ein?

Anne Heider: Es stellte sich heraus, dass Partner:innen oft von einem Vakuum umgeben sind – die meisten verstehen das System Familienunternehmen, bzw. Unternehmerfamilie nicht und bekommen zu wenig Einblick. Dabei spielen sie eine erhebliche Rolle für den Erhalt und Erfolg eines Unternehmens, angefangen mit dem Erhalt der Werte und der Funktion, die die Erziehung für die künftige Generation hat. Außerdem ist die Gesellschafter:innen-Struktur komplexer und vielfältiger geworden.

 

Das Besondere des Programms ist, dass es sich auch an die Partner: innen richtet. Was hat Sie bewogen, die Partner:innen explizit anzusprechen?

Anne Heider: Wir möchten dazu beitragen, dass alte Rollenmodelle überwunden werden. Angeheiratete sollen sich möglichst schnell und umfassend zugehörig fühlen und innerhalb des Familiengeschehens sicher bewegen. Im System Familienunternehmen spielen sie eine erhebliche Rolle, um den Erhalt und den Erfolg des Unternehmens mitzugestalten. In Bezug auf den Erhalt der Werte, in der Frage der gemeinsamen Erziehung der nächsten Generation und auch im operativen Geschäft ist es von großer Bedeutung, dass die Familie gemeinsam an einem Strang zieht und dabei gleichberechtigt agiert. Das Wissen um die Zusammenhänge ist ein wichtiger Baustein, um Handlungsfelder zu erkennen und gemeinsam erfolgreich zu sein.

 

Viele Next Gens müssen sich erst einen Weg in alteingesessenen Firmenstrukturen erkämpfen, die teils seit mehreren Generationen auf eine gewisse Art und Weise und nach gewissen Regeln geführt werden. Zwischen Kontinuität und Neuerung wird sehr viel Geschick gebraucht. Wie gelingt die Transformation unter solchen Bedingungen?

Anne Heider: Es braucht kommunikatives Geschick, einen guten Umgang mit Konflikten und die Fähigkeit, verschiedene Perspektiven einzunehmen. Aber auch die frühere Generation muss ihren Part leisten und der neuen Ver- und Zutrauen schenken, damit die Übergabe klappt. Deshalb empfiehlt sich eine solide, transparente Family Governance. Das ist eine wichtige Grundlage – gerade in Übergangs-Situationen. Im Modul 3 unseres neuen Programms lernen Teilnehmende, wie sie mit Durchsetzungskraft, Kommunikations- und Verhandlungsgeschick ihre Ideen und Lösungen im Unternehmen mehrheitsfähig machen.

Jessica Hirsch: Das hängt von sehr vielen unterschiedlichen Faktoren ab. Wir konzentrieren uns mit dem UPN auf Praxiswissen, das hilft, bei wichtigen Themen auf Augenhöhe zu sein. Mit dem Fokus Wertorientierung identifizieren wir die spezifischen Bereiche, die für eine erfolgreiche Transformation entscheidend sind. Diese Kenntnisse helfen bei der Diskussion zwischen den Generationen, sodass sich Themen konkret ansprechen und strukturiert diskutieren lassen.

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